das theater
Das Theater des Anthropozän ist um den fundamentalen Konflikt „Mensch und Natur im Anthropozän“ konzipiert und forciert mit Mitteln der Bühne und städtischen Interventionen eine intensive Zusammenarbeit und Vernetzung zwischen Künstler*innen, Wissenschaftler*innen, Gestalter*innen und der Zivilgesellschaft. Dem Konzept liegt die Humboldtsche Idee zugrunde, dass nur ein intaktes, aus Wissen und Erfahrung, Empathie und Emotion geknüpftes Band zwischen Mensch und Natur Basis einer zukunftsfähigen Zivilisation sein kann. Diese unterschiedlichen Elemente in miteinander verwobenen ästhetischen wie diskursiven Ebenen zu verbinden, ist erklärtes Ziel. Sie stellt sich die Aufgabe, die Funktion und Fragilität unserer Ökosphäre, unsere Wechselwirkung mit ihr und die Konsequenzen unseres Handelns in Form von erleb- und fühlbaren Ereignissen zu gestalten. Auf der Bühne werden mit den anthropozänen Thematiken wie Emissionen und Atmosphäre, die Versauerung der Ozeane, der Verlust an Biodiversität auch Fragen von Recht und Gerechtigkeit, von Tier- und Naturrechten theatralisch exponiert. Adressat ist nicht allein eine breite Öffentlichkeit, sondern spezielle Formate führen ebenso Kinder und Jugendliche auf sensible wie anschauliche Weise an die aktuelle Debatte zu Klima- und Artenschutz heran.
Das Theater des Anthropozän ist ein integrales Teilelement jener großen Transformation, die nötig ist, um eine ökologisch zukunftsfähige Gesellschaft aufzubauen. Die Entwicklung wie Einübung von „Kulturtechniken des Wandels“ findet dabei sowohl in den symbolischen Kontexten der Bühne als auch in den Landschaften des städtischen Alltags statt. Der an der Schnittstelle von Kunst und Wissenschaft generierte, empathische und systemische Blick wird mit den vielfältigen Möglichkeiten des Theaters wie mit urbanen Expeditionen und mit Initiativen der Stadtgesellschaft verkoppelt.
Das Theater des Anthropozän appliziert das Humboldtsche Verständnis einer naturverbundenen, systemischen und empathischen Wissenschaft und Kultur in unsere Gegenwart, die dringend erlernen muss, die Bande zwischen Mensch, Natur und dem Erdsystem zu verstehen und in ihre Handlungen einzubeziehen. Entwickelt wird der Prototyp einer Bühne, die sich den Herausforderungen einer in Bewegung gekommenen Natur stellt, die ihr Recht einfordert, angehört zu werden. Mit dem Anthropozän hat sich unser Bezug zur Natur auf irreversible Weise verschoben. Denn lokale Aktivitäten haben inzwischen globale Auswirkungen, und globale Entwicklungen verursachen bedrohliche Veränderungen für das regionale Klima und die lokale Artenvielfalt. Der rasante Klimawandel, der unumkehrbare Schwund von Biodiversität und Lebensräumen bedrohen das Wohlergehen aller Menschen, ohne dass es bislang zu einem angemessenen Umgang mit den beschränkten Ressourcen gekommen ist.
Dabei ist es wissenschaftlich unumstritten, dass insbesondere die heutigen Generationen mehr denn je die Verantwortung für das Leben und die Umwelt kommender Generationen tragen. Vor diesem Hintergrund, kann das Theater entscheidend zur Revision des geltenden Wertesystems beitragen, indem es das Handeln der Heutigen in einen Zusammenhang mit den Lebenschancen künftiger Generation stellt. Um der Verschwendung von Ressourcen der Natur und den dadurch entstehenden Bedrohungen für das Wohlergehen aller Menschen Einhalt zu gebieten, ist ein fundamentaler Paradigmenwechsel, ein komplexes Geflecht von Entscheidungen und Operationen in allen politischen, sozialen, wirtschaftlichen Sektoren vonnöten. Denn die gegenwärtigen Orientierungen wie ständige Verfügbarkeit, permanentes Wachstum, unendliche Bereicherung, grenzenloser Konsum stehen im direkten Konflikt mit dem essenziellen Wert einer reichen, mannigfaltigen Natur, welche die Vielfalt der Arten sichert und die unterschiedlichen Lebensräume bewahrt.
Traditionell ist das Theater und seine unterschiedlichen Formen wie kein anderes künstlerisches Medium prädestiniert, den fundamentalen Umbruch geltender gesellschaftlicher Maßgaben zu erproben und zur Diskussion zu stellen. Ein ästhetisches Forum, um Probleme und Konflikte darzustellen, im Spiel Lösungen auszuhandeln und Kontroversen in Stadtgesellschaft und Öffentlichkeit zu etablieren. Das Bühnenkonzept wird dabei durch ein Kulturlabor ergänzt, das mittels städtischer Interventionen und Expeditionen die Landschaft Berlins und Brandenburgs unter kultur- wie erdgeschichtlichen und topografischen Gesichtspunkten erkundet.
Die Projekte des Theaters des Anthropozäns machen auf der Basis miteinander verknüpfter wissenschaftlicher und künstlerischer Entwürfe einsichtig und im Sinne von Humboldts Idee der Natur als eines Gesamtzusammenhangs emotional erfahrbar, dass die Geschicke der Menschen mit dem der Tiere, der Pflanzen, der Gewässer und Ozeane, der Atmosphäre und ökologischen Systeme unlösbar verbunden sind. Bei diesem partizipativen Theater des 21. Jahrhunderts handelt es sich um die Einladung, einen global vernetzten, ästhetischen und wissenschaftlichen, ökologisch – anthropozänen sowie theatralen Brennpunkt zu entwickeln.
Das Konzept ist durch Offenheit charakterisiert, was auch bedeutet, dass wir gerne Hinweise zu Themen, Ereignisse und Akteuren aufnehmen und prinzipiell sehr an Möglichkeiten der Kooperation und Vernetzung sowohl mit Akteuren aus der Wissenschaft als auch der Kunst interessiert sind.